Hopfenrundfahrt 2023: Unsichere Zeiten für Brauer und Hopfenbauern

Pascal Piroué, 1. Vorsitzender Deutscher Hopfenwirtschaftsverband e.V., hat im Pressegespräch zur Hopfenfahrt 2023 vor unsicheren Zeiten gewarnt.

Bild: Deutscher Hopfenwirtschaftsverband e.V.

Auf die von der Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Verwerfungen und Störungen der globalen Lieferketten, die in vielen Bereichen noch bis heute wirken, folgten nahezu übergangslos massive Störungen auf den Energie- und Rohstoffmärkten, die nicht alleinig, aber wesentlich von dem Russland Ukraine Konflikt ausgelöst wurde. Gleichzeitig haben gesellschaftlich geforderte Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Industrie erhebliche Einflüsse auf Standortfaktoren und Kostenkalkulationen. "Die damit einhergehenden entsprechenden massiven staatlichen Förderprogramme zur Stützung der Wirtschaft und der Dekarbonisierung, wie das US-Förderprogramm IRA und der europäische Green-Deal mit entsprechenden Verschuldungsfolgen, sind unter anderem Zündstoff für überschießende Inflationsraten und Zinserhöhungen, die vor 18 Monaten noch niemand für möglich gehalten hätte", sagte er.

In diesem Kontext sieht sich die Brauindustrie und Hopfenwirtschaft mit Herausforderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette konfrontiert, die keinem bekannten Muster folgt. Waren die Zahlen der abgelaufenen Jahre oft eine zuverlässige Basis für eine Projektion beziehungsweise Planung von Beschaffung und Absatz in der kommenden Periode oder gar für die nächsten Jahre, so ist es heute notwendig auf Sicht fliegen, um flexibel und adäquat auf unerwartete Veränderungen reagieren zu können.

Im spezifischen beschrieb Piroué die aktuelle Lage am Hopfenmarkt wie folgt:

  • Alle Hopfenproduzenten, aber besonders in den Anbaugebieten Europas, waren im Herbst 2022 mit exponentiell gestiegenen Kosten für Heizöl, Gas und Treibstoffe konfrontiert, genauso mit erhöhten Kosten für Düngung und Pflanzenschutz während der Anbauperiode. Im Ergebnis stiegen die Kosten des Anbaus in allen Anbauregionen global um mindestens 20 Prozent.
  • Gleichzeitig kam es in Europa und auch besonders in Deutschland in der Ernte 2022 zu witterungsbedingten Ernteausfällen aufgrund von langanhaltenden Trockenperioden und überproportional vielen Hitzetagen.
  • Im Ergebnis waren auch die Erntezahlen entsprechend ernüchternd. In Deutschland wurden mit gerade mal 34.406 t ein gegenüber dem Vorjahr um 28 Prozent kleineres Ernteergebnis eingefahren. Die weltweite Ernte betrug rund 105.000 t und lag damit knapp 20 Prozent unter dem Vorjahreswert.
  • Die Deckung des Bedarfs an Hopfen für das Braujahr 2023 erschien trotz des schwachen Ergebnisses gesichert, da im Markt immer noch nicht unerhebliche Vorräte, die sich vorwiegend in den Händen der Brauereien befinden, vorhanden sind und für Ausgleich sorgen. Zum anderen waren in einigen Sorten die Anbauflächen immer noch zu groß und der Markt überversorgt.
  • Der globale Bierausstoß erholte sich im vergangenen Jahr nach der Corona-Pandemie und verzeichnete ein Plus von rund 1,3 Prozent.

Seit diesem Jahr sehe man in vielen Regionen beim Bierkonsum Tendenzen zu Stagnation – in einigen Ländern gar einem Rückgang. Auch das für den Hopfenmarkt so wichtige Craft-Bier-Segment erscheint uneinheitlich und hat keinen Zuwachs mehr. Die Ursache liegt in der hohen Inflationsrate, die in vielen Ländern die Kaufkraft schwächt und damit auch auf den Bierkonsum drückt.

Zum zweiten Jahr in Folge reduziert sich laut Piroué die globale Anbaufläche im Vergleich zum Vorjahr – diesmal um 3,5 Prozent bzw. 2.200 ha. Die Anbaufläche beträgt für 2023 rund 60.440 ha und ist damit etwa so groß wie zuletzt im Jahre 2018.

Ebenfalls zu Gast bei der Hopfenfahrt waren die Bayerische Staatsministerin Michaela Kaniber sowie Adolf Schapfl, Präsident des Verbandes Deutscher Hopfenpflanzer e.V.

 

Die vollständigen Statements aller Redner, auch von Pascal Piroué, gibt es hier: Statements zur Hopfenrundfahrt 2023

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