Die aktuellen Regelungen führten zu einer Schlechterstellung bayerischer Hersteller gegenüber ihren außerbayerischen Wettbewerbern. Der Verband fordert daher Möglichkeiten für bayerische Erzeuger, weiterhin Produkte mit bayerischer Identität außerhalb der strengen Kategorien des Geoschutz-Systems herstellen zu können – anstelle eines einseitigen Zwangs.
Laut Verband besonders gravierend: Schon eine bloße Anspielung auf eine geographisch geschützte Bezeichnung werde künftig als registrier- und strafpflichtige Erzeugung gewertet. Das bedeute: Ein Kräuterlikör aus Bayern darf künftig nur noch hergestellt werden, wenn er exakt den Spezifikationen der Geoschutz-Verordnung entspricht. Für die Produzenten entfalle damit die bisherige Wahlfreiheit, eigene Rezepturen oder Varianten außerhalb der festgelegten Spezifikation auf den Markt zu bringen.
„Während österreichische Hersteller beispielsweise problemlos Kräuterliköre mit Anspielungen auf Gebirgszüge, Zwiebeltürme oder alpenländische Symbolik herstellen können, ohne sich kostenpflichtig und strafbewehrt registrieren zu müssen, bleibt dies bayerischen Herstellern künftig verwehrt. Im Extremfall müssen wir dann zur Produktion nach Österreich ausweichen und dort Töchterfirmen gründen.“ kritisiert Stefan Penninger, Vorsitzender des Verbands der Bayerischen Spirituosenindustrie.
Diese strikte Bindung verhindere nicht nur Vielfalt und individuelle Handschrift, sondern bremse auch wichtige Innovationen aus. Gerade im Bereich alkoholarmer und alkoholfreier Spirituosenalternativen, der für die Zukunft der Branche von entscheidender Bedeutung sei, könnten Hersteller durch die Geoschutz-Vorgaben massiv eingeschränkt werden. Verschärft werde dies durch die festgelegten Mindestalkoholgehalte vieler geschützter Produkte. Sie liefen den gesellschaftlich gewünschten Entwicklungen zu weniger Alkoholkonsum direkt entgegen und blockierten die Weiterentwicklung hin zu moderneren, leichteren und verantwortungsbewussteren Getränken.
Die Umsetzung der Verordnung verlange von den Herstellern regelmäßige Mengenmeldungen, zusätzliche Produktionsdokumentationen und die Finanzierung laufender Kontrollstellen. Etikettierungsfehler könnten künftig nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern sogar strafrechtlich verfolgt werden. Selbst minimale Abweichungen gelten nun als strafbarer Verstoß.
„Die Politik spricht seit Jahren von Bürokratieabbau – und schafft mit dieser Verordnung ein Bürokratiemonster, das mittelständische Hersteller kaum bewältigen können“, warnt Florian Beierl von der Enzianbrennerei Grassl, zweiter Vorsitzender des Verbands der Bayerischen Spirituosenindustrie.
Die Problematik betreffe nicht nur die Brennereien: Insgesamt stünden 54 bayerische Lebensmittelkategorien unter Geoschutz – von Wurst über Käse bis hin zu Backwaren. Damit drohe die Gefahr, dass die Verordnung weit über die Spirituosen hinaus für zahlreiche mittelständische Lebensmittelhersteller in Bayern zu einer Innovations- und Kostenfalle werde.
Was als Schutzmaßnahme für regionale Spezialitäten gedacht war, drohe sich für bayerische Hersteller ins Gegenteil zu verkehren: statt Wettbewerbsstärkung und Sicherung regionaler Identität stünden massive Bürokratie, hohe Zusatzkosten, fehlende Wahlfreiheit und existenzielle Risiken im Vordergrund. Für die traditionsreiche, mittelständisch geprägte Lebensmittelwirtschaft in Bayern könne dies fatale Folgen haben, so der Verband abschließend.